Sonntag, 22. Dezember 2024

“Welcome back home, Khun Huppi!”

“Welcome back home, Khun Huppi!”

Welcome back home, Khun Huppi!“ Bald ist es wieder soweit. Dann höre ich diesen, mir mittlerweile so vertrauten Satz zum 49. Mal.  Dann darf ich der „Grand Old Lady“ am Chao Phraya River wieder die Hand reichen, dann bin ich zurück im Mandarin Oriental in Bangkok, meinem „second home far away from home“.                                                                                                         

 

Sobald ich die Lobby des berühmtesten Hotels der Welt betrete, bin ich dem Duft Asiens in exotischem Ambiente ausgeliefert. Dann setzt bei mir eine Tiefenentspannung ein, wie ich sie noch in keinem anderen Hotel empfunden habe.

 

Nehmt mir ab: Ich weiß, worüber ich schreibe. Auf meinen Touren in bisher 150 Ländern habe ich in vielen, in sehr vielen Hotels weltweit übernachtet. In kleinen gemütlichen Hostels ebenso wie in 5-Sterne-Herbergen. Es gibt kein Hotel, das seine Gäste in der Summe der Kleinigkeiten so „pampert“ wie das Oriental in Thailands Hauptstadt. Überragender Service, unfassbare Gastfreundschaft und warmherzige Gästebetreuung begründen zu Recht den Status „des ersten Hauses am Platz“.

 

Ich erwähne nur der Vollständigkeit halber die Historie des Hotels und die Gäste, die dem Oriental Glanz und Gloria bescherten: Kaiser und Könige, Spitzenpolitiker und Weltstars, Reiche und Schöne und die, die es glaubten zu sein.

 

Ich verzichte darauf, im Detail die zahlreichen Faceliftings der letzten Jahre zu beschreiben. Sie mussten die Tradition bewahren und waren der Notwendigkeit geschuldet, Anschluss zu halten an eine „Zukunft 2.0“. Doch auch nach der Modernisierung präsentiert sich das Hotel im klassischen Stil des 19. Jahrhunderts  – der Spagat ist dem Mandarin Oriental hervorragend gelungen.

 

Wichtiger als alles andere ist mir die Erinnerung an Kurt Wachtveitl, die deutsche Hotel-Legende. Sein Name ist nach 42 Berufsjahren (1967–2009) als Generalmanager untrennbar mit dem glanzvollen Aufstieg des Hotels zur Nr. 1 der Welt verbunden.

 

Als Wachtveitl Ende 1967 die Geschäfte des Oriental übernahm, präsentierte sich das Hotel in einem erbärmlichen Zustand. Die Belegrate war auf ruinöse zehn Prozent gefallen.

 

In meinen Interviews (siehe Titelfoto) und persönlichen „Kamingesprächen“ erzählte der gebürtige Bayer Geschichten und Anekdoten aus vier Jahrzehnten. Private oder pikante Details jedoch gab er nie preis. Strenge Verschwiegenheit war eines seiner größten Erfolgsgeheimnisse auf dem Weg an die Spitze.

 

„The Legend“ wird Wachtveitl noch heute im Oriental genannt, wenn sein Name fällt – und das ist in der über 1000 Personen starken Belegschaft oft der Fall. Sein Ziel war es, allen Gästen den Aufenthalt zu einem außergewöhnlichen Erlebnis zu gestalten. In einer perfekten Mischung aus deutscher Präzision und thailändischer Gastfreundschaft. Mit seinem Talent, seinem Charakter, seiner Professionalität und mit seinem intuitiven Verständnis der thailändischen Seele und Kultur prägte Wachtveitl Stil, Flair und Atmosphäre des Hauses.

 

Seine Handschrift ist noch heute unverkennbar. Denn sein Konzept war und ist zeitlos. Weil sich zur ureigenen thailändischen Gastfreundschaft ein modernes Verständnis von Professionalität und Service gesellt. Zeitlosigkeit bedeutete dem Manager nicht Stillstand; für ihn brauchte auch Tradition Veränderung, um lebendig zu bleiben.

 

„Wenn man Persönlichkeiten alle Wünsche von den Lippen abliest“, erinnerte sich „Khun Kurt“ in einem unserer Gespräche, „sind sie so zahm wie Lämmer!“ Er wusste jedoch – genau wie seine Nachfolger -, dass die Führung ihren Erfolg vor allem dem Arbeitseifer und der gelebten Gastfreundschaft der thailändischen Angestellten zu verdanken hat.

 

Hinzu kommt, dass dem Thai hierarchisches Denken in die (Berufs-)Wiege gelegt worden ist. Mitunter führt das mit Blick auf den Empfänger zu leiser Unterwürfigkeit, was aber vom westlichen Gast gerne als exotische Verhaltensweise interpretiert und angenommen wird.

 

Nach den Amerikanern, Japanern, Engländern und neuerdings Chinesen sind die Deutschen die häufigsten Gäste im Oriental. Die Thais lieben die Deutschen, weil sie Gastfreundschaft schätzen, Trinkgeld geben und „Danke“ sagen können. Viele Angehörige anderer Länder setzen herausragenden Service einfach voraus.

 

Viele internationale Gäste kommen ausschließlich des legendären Spas wegen ins Hotel. Die Behandlungsmethoden basieren auf den neuesten wissenschaftlichen und kosmetischen Erkenntnissen, verbunden mit den Geheimnissen traditioneller asiatischer Rezepturen. Die Wellness-Philosophie des Oriental kombiniert althergebrachte Thai-Methoden mit westlichen Techniken. Wann immer ich im Oriental einkehrte, waren die Spa-Mitarbeiterinnen zwischenzeitlich wieder neu geschult und trainiert worden. Wie ich das erfahren habe? An meinem Körper natürlich.

 

Als Jazz-Liebhaber besuche ich zum abendlichen Abschluss oft die legendäre Bamboo-Bar. Sie wurde 2016 so aufwendig wie stilsicher renoviert. Hier wird der Jazz von einer Live-Combo nicht gespielt, sondern zelebriert. Ein Gin der Marke „Monkey 47“ (stammt übrigens aus dem Schwarzwald) und selten köstliche Chips runden den Aufenthalt zum Genuss.

 

Apropos Chips: Die hochgelobte Sorte stammt noch aus der Wachtveitl-Ära. „Der Chef hat sich über Wochen dutzende Sorten aus dem In-und Ausland zum Testen bestellt. Auch für die Gäste der Bamboo-Bar war nur das Beste gut genug“, erinnert sich einer der altgedienten Barkeeper.

 

Altgedient – dieser Begriff trifft auf einen Großteil der Belegschaft zu. Wer einmal hier Fuß gefasst hat, will nicht mehr weg. Die Bezahlung ist gut, das Mitarbeiteressen hervorragend, die Fluktuation äußerst gering.

 

Oftmals sehe ich die vielen guten Geister im Hotel nicht. Aber sie sehen mich. Sie wissen, dass ich Weizenbier mag; sie wissen, dass ich am Pool empfänglich bin für ein Schwätzchen mit den Pool-Boys; sie wissen, dass ich für den Kartoffelsalat am „Wahnsinnsbuffet“ auf der Riverside-Terrasse auf die Knie sinken würde; sie wissen, sie wissen, sie wissen……. Und sie behalten.

 

Natürlich ist meine Schwärmerei nach so vielen Jahren im Oriental eine sehr subjektive Angelegenheit. Doch ich kann nur wiedergeben, wie ICH das sehe, fühle, rieche, schmecke. Das Oriental hat mich über Jahrzehnte verwöhnt und somit auch in gewisser Weise „verdorben“. Ich stehe dazu.

 

Und so heißt es bald schon wieder, diesmal aus meinem Munde: „Happy to be back home again.“

Gerd Huppertz

 

 

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