Samstag, 07. Dezember 2024

Irgendwo im Nirgendwo – die roten Dünen des Sossusvlei

Irgendwo im Nirgendwo – die roten Dünen des Sossusvlei

Rustikal im 4×4 Landrover sitzend ist eine Strategie, um sich erfolgreich durch die Gluthölle der afrikanischen Wüste Namib zu bewegen. Überfliegen  ist allerdings die weitaus schönere Alternative

 

Die Liste der Attraktionen im südwestafrikanischen Namibia ist lang. Der Vielfalt an Möglichkeiten, sie zu entdecken, sind aber kaum Grenzen gesetzt:  weltberühmt die Etosha-Pfanne mit ihrer einzigartigen Tierwelt, die Jugendstilperlen Lüderitz und Swakopmund am Atlantik, der Fish River Canyon, der Brandberg,  die nicht enden wollende fast  unberührte Skeleton-Coast und nicht zuletzt die Weite der Wüste Namib mit den riesigen Sanddünen von Sossusvlei und deren atemberaubendem  Zusammenspiel zwischen Licht und Natur.  Und über diese Dünen wollte ich nicht nur schreiben, sondern auch fliegen.

 

Denn rustikal im 4×4 Landrover sitzend ist eine Strategie, um sich erfolgreich durch die Gluthölle der Wüste Namib zu bewegen. Ein Vergnügen, dass ich schon kannte. Überfliegen  ist allerdings die weit schönere Alternative, weil selbst entlegene Gebiete in diesem Land von  unermesslichen Weiten auf diesem Wege schnell und bequem erreicht werden können.  Immerhin präsentiert einem die Vogelperspektive neben fantastischen Panoramen auch noch all jene Besonderheiten, die  unser Pilot Andreas wie seine Westentasche kennt, und das, obwohl er erst 22 Jahre alt ist und meiner Begleiterin deshalb bei der ersten Begegnung mit ihm das Herz in die Hose rutscht.

 

Die sechsitzige Cessna, die uns frühmorgens von Windhoeks  Regional- Flughafen Eros  Richtung Südwesten über die Namib nach Sossousvlei und später dann weiter nach Swakopmund bringen soll,  ruckelt , vibriert, knattert und präsentiert sich zunächst mehr als gewöhnungsbedürftig,  Alles schnell vergessen beim Anblick des grandiosen Panoramas unter uns und dem  faszinierenden Kontrast zwischen Schönheit, Wüste und rauher Wildnis.

 

Die Zeit, die durch Flüge „eingespart“  wird, kommt dem Afrika-Reisenden in den teilweise einzigartigen Unterkünften, kleinen und gemütlichen Camps oder auch luxuriösen Lodges,  in abgelegenen Teilen wieder zugute.  Einfach die Seele baumeln lassen und die Weiten der Natur von der Mitte der Wüste aus genießen, das ist Afrika.  Und was in der Cessna gemütlich in 90 Minuten zurückgelegt wird, dauert mit dem Jeep oftmals einen ganzen Tag.

 

Per Kopfhörer  informiert  Pilot Andreas  immer wieder über  Wissenswertes  zu der  sich nun unter dem Flugzeug  erstreckenden  Weite der Namib, eine der ältesten Wüsten der Erde. Je nach Tageszeit schimmert sie in den unterschiedlichsten Pastelltönen.

 

Nach Überfliegen des  Spreetshoogte Pass, zerklüfteten Bergen und tiefen Schluchten steuern wir unser Ziel,  die  roten Dünen im Gebiet von Sossusvlei an. Diese Sterndünen gehören mit teilweise bis über  300 Metern Höhe zu den höchsten der Welt. Obwohl  dies von oben gar nicht so ausschaut. Der Reiz dieser Dünenlandschaft liegt aber nicht allein in ihrer Höhe, sondern vor allem in ihrem vom Feuchtigkeitsgehalt und Sonnenstand abhängigen Farbenspiel.

 

Sossusvlei  präsentiert sich als  eine riesige ausgetrocknete Lehmbodensenke. In regenreichen Jahren fließt der Tsauchab-Fluss bis in die Senke, die dann das Wasser staut und zahlreiche Tierarten anzieht. Aber auch in der Trockenzeit sieht man verschiedene Wild- und Vogelarten. In Sossuvlei türmt der Südwestwind den Sand zunächst niedrig und sanft, dann wachsen die Sandberge immer höher an mit weit geschwungenen Kämmen. So entstehen die riesigen hohen Dünen. Unablässig pfeift der Sand, füllt rieselnd die Täler, füllt niedrige Kuppen, steigt an den Gipfeln empor, baut Rampen über Hügel.

 

Die Sterndünen in der Gegend des Vleis sind im Laufe von Millionen von Jahren gewachsen. Der Sand wird vom Wind aus dem Landesinneren, aber auch von der Küste her aufgehäuft. Das Dünenmeer der Zentralnamib erstreckt sich auf über 300 km Länge und ist ca. 140 km breit.

 

Irgendwo im Nirgendwo  landen wir auf sandiger Piste,  wo der fortan ohne Punkt und Komma redende Sunday mit einem rustikalen Landrover auf uns wartet und uns  ins  „Little Kulala“ Camp fährt.  Sunday versucht uns unfgefragt  das Leben der richtigen Buschmänner zu erklären,  die hier mal zuhause waren. So  sollen  die  Buschmänner 10kg Fleisch auf einmal essen können, damit Tiere Ihnen das nicht wegessen. Im Bauch ist es am sichersten!

 

„Little Kulala“  wird betrieben von Wilderness Safaris, einem  der seriösesten südafrikanischen Veranstalter, der sich dem nachhaltigen Ökotourismus verschrieben hat und Wert darauf legt, mit der lokalen Bevölkerung zusammenzuarbeiten.  Was voll unserer Gesinnung entspricht.

 

Der Standort ist strategisch gewählt: „Little Kulala“ liegt in einem privaten Reservat direkt am Eingang des Sossusvlei,  dieses versandeten Flussbetts mitten in der Wüste Namib, ihrerseits Teil des Namib Naukluft National Park. Das Camp besteht aus elf Bungalows, jeweils ausgestattet mit privatem Pool, Innen- und Außendusche und einem sogenannten Skybed auf dem Dach, um den Sternenhimmel zu betrachten, der hier  wirklich spektakulär ist. Die große Lodge von „Little Kulala“ umfasst Bibliothek, Weinkeller und Terrasse.  Glauben Sie mir: Ein Sonnenuntergang in der Namib berührt die Seele und verbindet das Herz mit der Wüste. Und  am Ende des Tages, wenn die Nacht hereinbricht, legt sich eine Sternendecke mit Millionen, ja  Myriaden Sternen über den Wüstenhimmel Namibias.  Funkelnd wie Diamanten, einer schöner als der andere. Die Nächte sind so sternklar, wie es sich für eine theatralisch komponierte Landschaft gehört.  Wer da nicht zum Romantiker wird, der wird es nirgendwo!

 

Zeit zum gemeinsamen Abendessen mit Blick auf eine Wasserstelle, wo der Springbock sich tränkt. Nach dem Abendessen hört man nur noch das Kichern der Geckos und dann und wann das heisere Lachen einer Hyäne. Diese Stille ist das wahre Wunder der Wüste.

 

Anderntags werden wir um 4.30 Uhr geweckt, was selbst für Safariverhältnisse früh ist, aber die Dünentour in der Namib beginnt man noch vor Sonnenaufgang beil teilweise eisiger Kälte.  Die einzigartige Atmosphäre und die Stille der Wüste, besonders in den Morgenstunden – wenn alles in einem feurigen Rot erstrahlt – ist spektakulär und mit keinem anderen Platz der Welt zu vergleichen. Der Betrachter kommt in eine Märchenwelt aus rot-, gelb- und ockerfarbenen Dünen, die den Boden eines Sees begrenzen, der vielleicht nur einmal in zehn Jahren Wasser führt. Wer kurz nach Sonnenaufgang vor Ort ist, erlebt einen Eindruck von vitaler Ursprünglichkeit – mit vielen anderen staunenden Besuchern.  Aber nirgendwo ist ein Geräusch zu hören. Eine solche Disziplin ist selten.

 

Was leider aber zu selten kommuniziert wird, ist die Tatsache, dass die Sanddünen von Sossusvlei  nur von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang besucht werden können. Da man vom Tor des Parks bis zur ersten Düne eine knappe halbe Stunde unterwegs ist, kommen Privtpersonen selten in den Genuss,  die  tollen Aufnahmen der Dünen bei Sonnenuntergang selber  zu machen. Übernachtungen am Vlei und wildes Campen sind strikt verboten. Zum Fotografieren ist die Zeit am späten Nachmittag bestens geeignet, denn dann sind die Dünen in ein beeindruckendes rotes Licht getaucht, und die vertrockneten Akazienbäume bilden eine fast skurrile Silhouette gegen den Abendhimmel.

 

Sossusvlei – ein breites Tal, das von dunkelroten Sanddünen eingerahmt wird. Und da es so viele Dünen gibt, wurden diese praktischerweise durchnummeriert. Die ersten Dünen sind noch relativ weit entfernt, aber je weiter man in den Sossusvlei hineinfährt, um  so näher und höher erscheinen sie uns. Gerade wenn die Sonne nicht mehr so hoch am Himmel steht, kann man den schmalen Grat der Dünen deutlich erkennen. Einfach faszinierend. Die allerhöchste  unter den Dünen  ist Düne 7, sie wird deswegen auch „Big Daddy“ genannt. Natürlich gibt es auch „Big Mama“ –  deren Rückengrat wir nun erklimmen.

 

Wer fit ist, kann auch eine zweistündige Wanderung auf den Big Daddy unternehmen. Als Lohn der anstrengenden Dünenbesteigung darf man anschließend an der Seitenwand der Düne in den angrenzenden Dead Vlei „herunterschliddern“ – ein einmaliges Erlebnis. Aber anstrengend.

 

Die Kulisse im Dead-Vlei ist spektakulär: Das Vlei ist fast gänzlich mit Sanddünen umschlossen und die schwarzen Baumskelette schaffen zusammen mit dem strahlend weißen Lehmboden und den roten Dünen eine wahrhaft atemberaubende Kulisse. Man hat beinahe das Gefühl, auf einem anderen Planeten zu sein – die Stille, die Atmosphäre – schwierig mit Worten zu umschreiben. Das muss man  erleben.

 

Die „Pfanne“  des Dead-Vlei ist ein abflussloses Becken, in dem das Wasser in der Regenzeit versickert und verdunstet. Dadurch entstehen in der Trockenzeit die teilweise großen Risse. Im Sommer ist es dort bei über 40 ºC unerträglich heiß sein. Wir genießen die Stille in der Pfanne und kämpfen uns  nach einer kurzen Erfrischung duch Tonnen von Sand  zum Jeep zurück.  Ein Glück, dass wir genügend Trinkwasser bei uns haben.

 

Je höher die Sonne steigt, desto weniger Tiere kommen in das Blickfeld. Sie suchen den Schatten der wenigen Kameldornbäume, und nun ist es auch für uns Menschen Zeit, sich vor der  Hitze des Tages in die Lodge zurückzuziehen und uns auf den Weiterflug nach Swakopmund einzurichten.

 

Basics Namibia

Infos zu den Camps:  Meine  Empfehlung, weil gut und seriös: www.wilderness-safaris.com

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